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Das Geschenk der Akzeptanzs

Themen > Berichte zu "Pädophilie" in den Medien

Ein Beitrag aus "Wordpress" von "Schneeschnuppe" aus seiner "Pädoseite" (mit seinem Einverständnis):


Das Geschenk der Akzeptanz

10. April 2020 ~ schneeschnuppe


Ich habe vor kurzem auf mein Engagement auf gutefrage.net hingewiesen. Meist antworte ich dort auf Fragen, die einen recht direkten Bezug zum Thema Pädophilie, manchmal auch zum Thema sexueller Missbrauch haben.

Vor zwei Tagen habe ich eine Umfrage zur sexuellen Identität entdeckt. Die Frage war: „An alle: Welche Sexualität habt ihr?“.

Die Antwortmöglichkeiten waren

   Heterosexuell
   Bisexuell
   Schwul
   Asexuell
   Sonstiges
   Pansexuell
   Lesbisch

Ich habe mich entschieden teilzunehmen („Sonstiges“) und die Gelegenheit zu nutzen meine sexuelle Identität zu erläutern.

Die Umfrage wurde (stand jetzt) immerhin von aktuell 945 Leuten gelesen und von 161 Leuten beantwortet, von denen die allermeisten „Normalliebende“ sind, also Menschen mit einer in Deutschland anerkannten Sexualpräferenz.

Das sind viel mehr normalliebende Menschen als ich mit meinem Pädo-Blog je erreichen könnte und wer eine Umfrage zu sexuellen Identitäten liest und darauf antwortet, bringt schon mal ein Mindestmaß an Interesse für das Thema mit. Das erhöht die Chance, dass mein Beitrag tatsächlich gelesen wird.

Hier meine Antwort / Erläuterung:

   Ich bin pädophil und fühle mich zu Jungen im Alter von 10-14 Jahren hingezogen.

   Ansonsten bin ich ein ganz normaler Mensch.

   • Meine Sexualität ist für mich aber mit ganz erheblichen Einschränkungen verbunden:

   • Es gibt für mich keine realistische Aussicht, auf eine erfüllte, gemeinsam erlebte Sexualität mit einem von mir begehrten Partner

   • Die naheliegenden sexuellen Ersatzhandlungen sind mir verboten, sogar wenn sie objektiv moralisch vertretbar wären wie z.B. die Nutzung von virtueller Kinderpornographie = Texten, Zeichnungen, Computeranimationen, bei deren Herstellung kein Kind beteiligt war, also auch kein Kind missbraucht, ausgenutzt oder sonstwie geschädigt wurde. Aus meiner Sicht ist Verbot in Hinblick auf virtuelle Kinderpornographie unverhältnismäßig und eine unzulässige Kriminalisierung.

   • Das worauf man verzichten muss, ist nicht lediglich die Befriedigung sexueller Triebe, sondern geht viel tiefer. Jemand, der das recht treffend erfasst hat, ist der Dipl.-Psych. und Sexualtherapeut Christoph Joseph Ahlers. Aus einer Sendung bei Deutschlandfunk Kultur:

   „Was die Betroffenen als eigentlichen tiefen Schmerz erleben und was sie betrauern ist der Umstand, dass sie die Erfüllung ihrer Grundbedürfnisse durch intimen Körperkontakt, durch Hautkontakt, niemals erleben können. Das heißt, das Gefühl, das wir alle suchen, wenn wir uns in eine partnerschaftliche Sexualbeziehung begeben, jemand, der uns anfasst, den wir anfassen, der uns drückt, der uns hält, der uns küsst, der in uns sein will, in dem wir sein wollen, diese Verschmelzung im Sexuellen, die geht ja weit über Erregung und Fortpflanzung hinaus.“

   • Pädophilie ist eine dauerhafte, unveränderliche sexuelle Orientierung, die sich niemand ausgesucht hat. Was man fühlt, kann man nicht beeinflussen. Der einzige sinnvolle Maßstab, an dem man jemanden messen kann, ist das Verhalten. Das weiß eigentlich auch jeder. Niemand möchte für seine Gedanken oder Gefühle verteufelt werden. Daraus ergibt sich unmittelbar die Konsequenz, dass man auch niemand anderen für seine Gedanken oder Gefühle verteufeln sollte. Im Zusammenhang mit Pädophilie ist das aber außer Kraft gesetzt. In einer anonymen Umfrage plädierten 49% der Befragten für die präventive Inhaftierung von Nicht-Tätern mit sexuellem Interesse an Kindern, 27% wünschten diesen den Tod.

   • Als pädophil erkannt oder verdächtigt zu werden, bedeutet den sozialen Tod. Mir fällt nichts ein, was stärker geächtet und stigmatisiert ist als Pädophilie. Das ist eine ungeheure – und eigentlich völlig unnötige – lebenslange Belastung.

   Ich hatte nie den Wunsch, einen anderen Menschen zu missbrauchen (= schlecht zu behandeln). Ich habe seit meinem Coming-in schon einige Jahrzehnte gelebt und bin nicht straffällig geworden. Ich sehe auch keinen Grund anzunehmen, dass ich irgendwann in der Zukunft einmal einen anderen Menschen missbrauchen könnte.

   Einem Pädophilen wird unterstellt, dass er ein potentieller Kinderschänder ist. Einem heterosexuellen Mann wird typischerweise nicht unterstellt, dass er ein potentieller Vergewaltiger ist.

   Problematisch ist nicht eine pädophile Neigung, sondern fehlende Impulskontrolle (z.B. bei einer Impulskontrollstörung). Fehlende Impulskontrolle ist auch bei allen anderen Gruppen von Menschen problematisch.

   Ich sage also keineswegs, dass Pädophile nicht gefährlich sein können. Es wäre ja auch falsch zu behaupten, dass heterosexuelle Männer nicht gefährlich sein können. Die Vorstellungen vom Maß der Gefährlichkeit eines Pädophilen ist aber komplett überzogen und korreliert nicht mit der Wirklichkeit.

   Dass man die Gefährlichkeit bei Pädophilen in der breiten Öffentlichkeit für den Normalfall hält, ist das Ergebnis einer kognitiven Verzerrung:

   Es wird in Medien und Krimiserien typischerweise nur über die kleine Minderheit straffällig gewordener Pädophiler und über pädosexelle Taten von nicht-pädophilen Ersatztätern berichtet, die aber fälschlich als pädophil wahrgenommen werden. Lt. Kriminologen sind c. 60 bis 90% der Täter von Kindesmissbrauch nicht pädophil, sondern Ersatztäter, die sich primär von erwachsenen Sexualpartnern angezogen fühlen.

   Was ich mir wünsche ist, das gleiche, was sich auch andere Menschen wünschen: einvernehmliche (wechselseitig willentlich gewollte) Sexualität mit einem geliebten Menschen. Das bekomme ich nicht, indem ich einen Übergriff begehe. Dass mein Wunsch objektiv deutlich schwieriger zu erfüllen ist, als bei anderen Menschen, muss ich hinnehmen.

   Für viele Leute (auch Menschen, die sich für sehr aufgeklärt und tolerant halten) ist es sehr problematisch und schwer verdaulich, dass ich an meinen Wunsch grundsätzlich festhalte und auch willentliche Einvernehmlichkeit für möglich halte. Ich finde nicht, dass ich dazu verpflichtet wäre, jegliche Hoffnung auf geteilte, glückliche Momente mit einem anderen, von mir begehrten Menschen aufzugeben.

   Ein fixes Schutzalter ist immer eine Pauschallösung. Das deutsche Schutzalter wurde auf 14 festgelegt, weil man überzeugt war, dass 14jährige über die erforderliche Reife verfügen. Die entwickelt man aber natürlich nicht plötzlich in der Geburtstagsnacht. Wenn die Prämisse stimmt, dass man mit 14 über die nötige Reife verfügt, gibt es also faktisch auch viele 13 und sicher auch 12jährige, die (eigentlich) über die nötige Reife verfügen, mit denen ein sexueller Kontakt aber nach heutigem Recht illegal wäre.

   Die aktuellen gesetzlichen Regelungen zum sexuellen Missbrauch stimmen also nicht in jeder Hinsicht mit dem überein, was aus meiner Sicht Missbrauch ausmacht. Meiner Auffassung nach ist Missbrauch, wenn ein Mensch einen anderen Menschen schlecht behandelt.

   Das Gesetz verlangt von mir nicht, dass ich die geltenden Regeln gutheiße, sondern nur das ich sie befolge. Dieser Verpflichtung komme ich nach. Ich kann mir aber viele Änderungen vorstellen, welche die Gesetze menschlicher und verhältnismäßiger machen würden, ohne damit den Schutz von Kindern zu kompromittieren.

   Ich zeige mich hier auf gutefrage.net so, wie ich bin. Ohne Rücksicht auf mich selbst oder auf andere, die sich vielleicht durch irgend einen Aspekt des Ganzen abgestoßen fühlen mögen. Ich möchte authentisch sein und deshalb auch nichts beschönigen oder verleugnen, was evtl. von anderen als problematisch empfunden werden könnte, z.B.

   • dass ich eine Therapie ablehne, weil ich mich nicht für gefährlich halte,

   • dass ich an die Möglichkeit der Einvernehmlichkeit zwischen einem Jungen und einem Mann glaube, oder

   • dass ich nicht bereit bin, jede Hoffnung auf ein zukünftiges Glück mit einem geliebten und begehrten Menschen aufzugeben.

   • dass ich mir in meinem stillen Kämmerlein Bilder oder Videos von Jungen ansehe und mir das hilft, mein Leben erträglich oder für einen Moment schön zu machen.

   Ich stelle die Wirklichkeit so korrekt und vollständig dar, wie ich es vermag und hoffe, damit bei dem ein oder anderen Normalliebenden zu einer Korrektur des Zerrbildes vom Pädophilen als Kinderschänder beizutragen.

   Vielleicht kann die Stigmatisierung und Ächtung von Pädophilen so zumindest abgeschwächt werden. Aber selbst wenn die von mir erhoffte Wirkung ausbleibt: wenn ich schon verachtet werde, dann doch bitte wenigstens für das, was ich bin, statt für das falsche Bild eines Monsters, wie es von Pädophilen so oft gezeichnet wird.

Diese Antwort wurde bis dato von 230 Leuten gelesen, sechsmal mit einem „Hilfreich“ markiert (was der aktuelle Spitzenwert bei den 30 zu der Frage abgegebenen Antworten ist) und mit zwei „Danke“ versehen.

Eine der Reaktionen, die ich über die Kommentar-Funktion erhalten habe, war:

   SORRY aber du bist einfach nur krank ganz ehrlich.

Eine andere:

   Ich glaube da ist jemand wegen des aktuellen „Social Distance“ und leeren Spielplätzen kurz vorm Aufploppen. Anders kann man sich solch ein hingebungsvolles Statement und Fürsprechen kaum erklären. Beängstigend ist die Uneinsichtigkeit bzgl. einer Behandlung.

Mir geht es aber hier um die dritte Antwort. Die ist mir wirklich nahe gegangen:

   Lieber Schneeprinz,

   ich bewundere deine Ehrlichkeit und Offenheit. Mir ist bewusst, dass es nicht leicht ist, zuzugeben, dass man selbst eine sexuelle Ausrichtung hat, die in der Öffentlichkeit mehr geächtet wird als jede andere.

   Ich habe schon immer gewusst, dass Pädophile nicht schuld an ihrer sexuellen Ausrichtung sind. Deshalb ist es unsinnig, sie dafür zu bestrafen. Dank deiner ehrlich formulierten Antwort sehe ich das Ganze aber noch einmal anders und zwar aus deiner Perspektive. Mir ist erst jetzt bewusst geworden, wie schlimm es sein muss, ständig verdächtigt zu werden und zwar für die eigenen Gefühle, nicht einmal für die Taten.

   Du hast aber Recht, ein heterosexueller Mann könnte genau so als potenzieller Vergewaltiger gesehen werden. Ich als heterosexueller Mann habe das eigentlich noch nie von diesem Standpunkt aus betrachtet.

   Ich bin offen gegenüber allen unterschiedlichen Sexualitäten, bin jedoch froh darüber, dass ich aufgrund der Tatsache, dass ich als Heterosexueller die am weitesten tolerierte Sexualität habe und mich deswegen vor anderen nicht ständig rechtfertigen muss. Viele andere Menschen werden von der Gesellschaft immer wieder gezwungen, die eigene sexuelle Ausrichtung geheim zu halten oder sich dafür rechtzufertigen. So ist es natürlich schwer, diese zu akzeptieren.

   Ich bewundere, wie du trotz aller Schwierigkeiten zu deiner angeborenen Sexualität stehst und – noch viel mehr – wie du darüber sprichst!

Ehrlich gesagt hatte ich da Pippi in den Augen.

Für jemanden, der Stigmatisierung, Ausgrenzung und Diskriminierung gewohnt ist und mit diesen Reaktionen rechnet, ist Akzeptanz ein ganz besonderes und wertvolles Geschenk.

Natürlich habe mich sehr herzlich bedankt.

Ich bin seit einem Jahr auf gutefrage.net präsent und habe dort 76 Antworten geschrieben. Auf meinem Blog, den ich etwa zur gleichen Zeit gestartet habe, habe ich 89 meist längere Artikel zum Thema Pädophilie geschrieben.

Wenn der einzige fassbare Erfolg dieses Jahres dieser eine Antwortkommentar wäre, dann hätte es sich bereits gelohnt.

Der Kampf um die Akzeptanz meiner Neigung scheint mir im Grunde aussichtslos. Es ist für mich nicht vorstellbar, dass sich zu meinen Lebzeiten etwas Grundlegendes an der Ächtung von Pädophilen ändert. Aber punktuelle Erfolge halte ich für durchaus möglich und der Kampf gegen die Stigmatisierung verringert das Gefühl der Hilflosigkeit.

Die Antwort bei gutefrage.net hat mich bewegt, weil sie mir gezeigt hat, dass ich mir „punktuelle Erfolge“ nicht nur einbilde und dass ich in dem kleinen Rahmen, der mir möglich ist, tatsächlich etwas bewegen kann.

Natürlich wird die Welt nicht auf einmal rosig und schön, nur weil einer von hundert Menschen mir in Bezug auf meine Neigung auf einmal mit Offenheit, Toleranz und Akzeptanz begegnet. Aber ich vermute, dass sich die Einzelnen, die sich auf diese Weise zu Wort melden, kaum vorstellen können, wie wertvoll und bedeutend ihre Worte für Betroffene sein können.

Sie melden sich in einer Umgebung zu Wort, die Offenheit gegenüber Pädophilen eigentlich nicht duldet und bereits als Verharmlosung ächtet. Sie beweisen damit nicht nur ihre Offenheit, Toleranz und Akzeptanz an, sondern auch ihren Mut.

Ihre Worte sind für Betroffene emotional wichtig und heilsam, sie sind aber zugleich auch gerade die Stimmen, die vielleicht in der Zukunft die Grenze des Sagbaren innerhalb der Gesellschaft wieder verschieben können, so dass man irgendwann einmal nicht mehr mutig sein muss, wenn man Pädophilen offen, tolerant und akzeptierend begegnet.

Ich habe heute von einem anderen Menschen das Geschenk der Akzeptanz erhalten. Ich bin dafür dankbar. Sehr!

 
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