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Muss Kunst immer korrekt sein?
Kunst kommt nicht von korrekt
Wer eine Frau schön nennt, reduziert sie auf ihr Äusseres, macht sie zum Objekt und gibt sie damit auch schon der Verführung durch die alles verschlingenden Männer preis. So einfach ist das für manche.
Aber, und jetzt kommt der Punkt, mit dem die Ritterinnen vom feinen Argument zum Todesstoss ausholen: «Es erinnert uns unangenehm daran, dass wir uns als Frauen nicht in die Öffentlichkeit begeben können, ohne für unser körperliches ‹Frau›-
Wenn eine Handvoll Studentinnen und Studenten es fertigbringt, dass ein harmloses Gedicht von einer Hausfassade verschwinden muss, weil es vielleicht irgendwie unangenehm an Sexismus erinnern könnte, dann ist mehr in Gefahr als die Freiheit der Kunst. Als Bürger einer offenen Gesellschaft muss ich damit leben, dass mir nicht alles in den Kram passt, was um mich herum geschieht. Ich muss mich damit abfinden, dass es nicht überall so kuschelig zugeht wie in meiner Filterblase, wo sich Gespräche in gegenseitigen Bestätigungen erschöpfen. Und wenn ich mich gegen eine Äusserung oder gegen ein Kunstwerk wehre, weil ich der Ansicht bin, dass sie gegen das Gesetz oder einen unumstösslichen Grundwert verstossen, bin ich zumindest rechenschaftspflichtig.
Und die grösste Anmassung der selbsternannten Tugendschützer besteht darin, jedem Einwand von vornherein die Legitimation abzusprechen. Wer den potenziellen Sexismus hinter ein paar harmlosen Gedichtzeilen nicht spürt, ist entweder ein Mann und damit ohnehin nicht satisfaktionsfähig. Oder hat, vielleicht noch schlimmer, keine Empfindung für das, was man mit dem modischen Kampfbegriff als strukturelle Gewalt bezeichnet. Gegen Agitation hat Vernunft einen schweren Stand. «Weg mit allem, was stört», heisst die Devise der politisch korrekten Bilderstürmer. Was einmal gedichtet wurde, lässt sich zwar nicht mehr aus der Welt schaffen. Aber wenigstens aus den Augen.
>>>siehe auch:Ein Mädchenbild von Balthus